ANEIGNUNG UND POLEMIK
 

Der Königsweg zu Schopenhauers Philosophie - seine Vorlesungen

Im Jahre 1820 las Arthur Schopenhauer an der Berliner Universität als Privatdozent der Philosophie seine "Vorlesung über die gesammte Philosophie, d.i. Die Lehre vom Wesen der Welt und vom dem menschlichen Geiste".

Editiert wurde diese erstmals 1913 und wurde danach erst wieder ab 1984 von Volker Spierling herausgegeben und ist mittlerweile leider nur noch antquarisch erhältlich.
Ansonsten liegt das komplette Werk Schopenhauers in digitalisierter Form vor; erhältlich bei Infosoftware. [Sämtliche Zitate meinerseits erfolgen nach dieser CD-Rom-Ausgabe.]

"Schopenhauers große Vorlesung von 1820 ist eine didaktisch aufbereitete Fassung seines Hauptwerks Die Welt als Wille und Vorstellung und damit zugleich der Königsweg in das Zentrum seiner Philosophie." (Serie-Piper Ausgabe)

Königsweg wohl deshalb, weil Schopenhauer beim Leser seines Hauptwerkes voraussetzt, dass dieser seine Dissertation Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, einen Teil seiner Studie Ueber das Sehen und die Farben und vor allem die Hauptschriften Kants gelesen habe. Hier aber, wo er zu Anfängern, zu Studenten der Philosophie spricht, bemüht er sich, seine Philosophie "in einer mehr populären, für die Fassungskraft der studierenden Jugend berechneten Form darzulegen." (Deussen)

Am Anfang seiner Vorlesung versucht Schopenhauer seine Hörer zur philosophischen Besonnenheit zu führen, die in dem

"deutlichen Verständniß und der ernstlichen Anerkennung des Satzes: »Die Welt ist meine Vorstellung« [besteht]. Man muß inne werden, daß die Welt nur als eine Erkenntniß da ist und somit abhängig vom Erkennenden welches man selbst ist. "(IX113)

Dies ist die eine alles fundierende Wahrheit, das was Schopenhauers auf Kant und Berkeley beruhende "idealistische Grundansicht ausmacht", nämlich die grundstürzende Erkenntnis: Ohne Objekt kein Subjekt und ohne Subjekt kein Objekt. Mit anderen Worten: Die objektive Welt ist unsere Vorstellung.

Was die Welt darüber hinaus noch ist, ob und wie erkennbar, darüber wird zu handeln sein, wenn wir die Welt als Wille betrachten werden.

Nun geht es erst einmal darum, diese fundamentale Erkenntnis so klar wie möglich ins Bewußtsein zu heben, sie zu begründen und in ihren Folgerungen zu bedenken. Das soll am Leitfaden von Schopenhauers Vorlesung in einer Reihe von mehr und minder langen Anmerkungen und graphischen Darstellungen erfolgen.

Wo es hilfreich ist, werde ich das Kompendium der Philosophie Kants und Schopenhauers nutzen, das der Gründer der Schopenhauer-Gesellschaft Paul Deussen "als Leitfaden zum Gebrauche bei Vorlesungen sowie zum Selbststudium zusammengestellt" hat. Ich nutze die 5. Auflage von 1913, Leipzig: F.A. Brockhaus. Der Text dieser Ausgabe wird hier sukzessive veröffentlicht werden.

- Inhaltsverzeichniß der Vorlesung über die gesammte Philosophie -

Exordium (über meinen Vortrag und dessen Methode)
Einleitung über die Philosophie

Erster Theil. Theorie des gesammten Vorstellens und Erkennens

Cap. 1. Die Welt ist Vorstellung. Objekt — Subjekt
Cap. 2. Von der anschaulichen Vorstellung
Cap. 3. Von der abstrakten Vorstellung oder dem Denken. Logik
Cap. 4. Ueber den Satz vom Grund und seine vier Gestalten
Cap. 5. Von der Wissenschaft überhaupt

Exordium (über meinen Vortrag und dessen Methode)

"Als Exordium (lat.exordium Einleitung, Anfang) bezeichnet man in der Rhetorik die Einleitung und damit einen der vier klassischen Teile einer Rede neben narratio (Erzählung), argumentatio (Beweisführung) und peroratio (Redeschluss).
Das Exordium dient neben der inhaltlichen Vorbereitung der Zuhörer insbesondere dazu, die Zuhörer grundlegend über den Gegenstand der Rede zu informieren sowie mit ihnen in Kontakt zu treten. In der Regel wird der Redner versuchen, seine Zuhörer für sich und sein Anliegen zu gewinnen (bis hin zu einer captatio benevolentiae); dennoch ist auch eine von Anfang an opponierende Haltung zwischen Redner und Zuhörern denkbar. Aristoteles war der Auffassung, das Exordium berühre vor allem die Affekte des Publikums und führe weniger die Sache an sich ein. Vielmehr käme es darauf an, dass der Redebeginn das Publikum erreiche und auch der Selbstdarstellung des Redners diene. Das Exordium kennt zwei unterschiedliche Formen, das Prooemium und die Insinuatio."
Quelle: Wikipedia

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